Nachhaltiger Tourismus

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Gibt es überhaupt einen nachhaltigen Tourismus? Streng genommen: Nein! Wer sich damit beschäftigt, gerät sofort in das Gebiet des „green washing“, also in den Graubereich des (Selbst-)Betrugs. Aber wir haben unser Leben so hektisch durchgetaktet und leben so wenig „artgerecht“, da braucht es diese Pausen, da brauchen wir Erholung, Bewegung und Natur mehr denn je, sonst werden wir krank, körperlich und/oder seelisch. 

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Im Laufe der Jahre habe ich gesehen, wie aus Wanderpfaden geteerte Straßen wurden und aus idyllischer Natur Hotelsiedlungen. Schönheit wurde zu Geld und verging. Die angepriesenen Katalogparadiese sind billig, „allinklusiv“ und mit Sonnenschirmen gepflastert. Für die Mitwelt sind sie die Hölle… Ja, ich bin nicht unschuldig: Auch meine Wanderungen bereiten der Verwahrlosung dieser Welt den Weg, auch ich fliege bisweilen, fahre Auto und übersehe die Folgen meines Tuns nicht so richtig. Wir alle scheinen da seit Anbeginn in der Nachfolge Kains zu sein: „Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden“ (1. Mose 4,12b).

Der Weg in die Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert, sagt ein Sprichwort. Aber versuchen wir uns trotzdem einem nachhaltigen Tourismus zu nähern. Es gibt ja große Unterschiede in den Konsequenzen wie wir reisen. Und das ist doppelt wichtig, gerade weil so viele Menschen dieses Bedürfnis haben. Als Christen, die an einen Gott glauben, der/die alles geschaffen hat und die gesamte Schöpfung liebt (nicht nur Menschen!) könnten wir ja durchaus motiviert sein, die Natur zu schonen, könnten wir durchaus den Schwerpunkt darauf legen zusammen zu leben und nicht nur uns selbst zu sehen. Wikipedia nennt nachhaltigen Tourismus einen Gegenentwurf zum Massentourismus mit folgenden Anliegen: So wenig wie möglich auf die bereiste Natur einwirken bzw. ihr zu schaden; die Natur möglichst nah, intensiv und ursprünglich zu erleben; sich der Kultur des bereisten Landes möglichst anzupassen.

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Was ich dazu herausfand könnte man so unterteilen:

1. Anreise

Am problematischsten ist wohl das Fliegen. Je kürzer desto mehr sollten Alternativen (Bus, Bahn und zur Not Auto) erwogen werden. Wochenendtrips mal kurz nach „Malle“, London oder ein anderes „Nebenan“ sollte nicht nur eine Frage des Preises sein (manchmal sehr verlockend) sondern eher eine Frage der ökologischen Vernunft. Es heißt, bis 800 km sollte man gar nicht fliegen. Wenn Flüge notwendig werden, dann sind Direktflüge zu bevorzugen, denn Starts und Landungen sind am schädlichsten. CO2-Kompensationen werden bei Flügen zwar seit Jahren angeboten und sind auch besser als nichts, ob sie die Schäden aber wirklich völlig kompensieren können, ist zu bezweifeln. 

Die Sonderform Kreuzfahrten wurde vor der Pandemie sehr beliebt und nimmt nun wieder „Fahrt“ auf. Leider gibt es aber nur sehr wenige Schiffe, die auch nur halbwegs als umweltverträglich einzustufen sind. Die meisten rauchen filterlos und die Erde hustet! Hier wäre es wichtig entsprechend nachzufragen und sich ggf. zu verweigern, um die Veranstalter an ihre ökologische Verantwortung zu erinnern.

2. Unterkunft

Pools und Wellnessbereiche belasten die Ökobilanz erheblich. Im Winter natürlich auch, aber da verstehe ich die Sehnsucht nach Wärme und Schwimmbewegung nur allzu gut. Im Sommer aber und mit Meeranschluss scheint das doch eher ein Luxus zu sein, der zu hinterfragen ist. Bei der Stiftung Warentest las ich, dass ein Vier-Sterne-Hotel auf Sardinien etwa 5x so hohe Emissionen verursacht wie ein Campingplatz dort. Manchmal kann man sich an Zertifikaten orientieren (z.B. FAIRWEG), aber was Werbung ist und was echter Umweltschutz, ist stets zu prüfen. Weitere Kriterien, an denen wir uns orientieren können:

  • Familienbetrieb oder Hotelkette: In Ketten bleibt das Geld im Konzern und/oder fließt ins Ausland ab. Die Einheimischen „profitieren“ nur von ein paar meist sehr schlecht bezahlten Arbeitsplätzen. 
  • Umweltengagement der Einrichtung (regenerative Energie, Umgang mit Wasser, Abfallvermeidung/Plastik, Essen: Bio/Vegan, Abwasser) 
  • Anbieten von Personentransporten: öffentlichen Nahverkehr o.ä. (evtl. kostenlos in der Gästekarte inkludiert?), damit nicht wieder alle mit (Miet-) Auto unterwegs sind.

Tätigkeiten

Ach, da sind wir so unterschiedlich! Manche brauchen mehr Ruhe, Stille und Entspannung, andere wieder mehr Trubel, Bewegung und Abenteuer. Nicht einfach das richtige Mischungsverhältnis herauszubekommen und mit Mitreisenden und Umwelt zu koordinieren. Die Welt ist groß und schön und es gibt viele Möglichkeiten, sie kennenzulernen. Klimafreundliche Aktivitäten sind Wandern, Radeln, (Sonnen-) Baden und – natürlich – Ausschlafen. Außerdem kann ein Sonnenuntergang/Mondaufgang, ein Sternenhimmel, ein leises Plätschern von Wellen oder die Stille in einem intakten Wald einen riesigen Erholungswert haben! 

Geld

Reisen war früher kostbar, es konnten sich nur wenige leisten. Deshalb lauert hier sogleich das Totschlag-Argument: Reisen teurer machen bedeute, dass es sich dann nur wieder die Reichen leisten können. Ich meine: Derzeit reisen zu viele zu billig! Flugbenzin wird nicht versteuert, also vom Staat subventioniert. Diese Massenbewegungen kann sich dieser Planet auf Dauer aber nicht leisten. Früher dauerte ein Urlaub länger und die Touristen kamen, um Land und Leute kennenzulernen und zu entdecken, wie andere Menschen leben. Heute ist es meist nur eine Woche (dafür öftermal!) in Hektik oder bloßem und erschöpften „Abhängen“. Touristen kommen, um zu konsumieren. Da werden Liegen am Pool reserviert oder Sehenswürdigkeiten abgehakt und es reicht, ein paar Fotos zu machen („Selfies“)… Wichtiger als das Land ist Luxus geworden (allinklusive/Pool) und noch wichtiger: Der Preis! Billig, billig hat aber seinen Preis, es wird etwas entwertet: 

  • Einheimische werden zur billigen Arbeitskraft
  • Wasser wird verschwendet, gerade dort, wo es am kostbarsten ist
  • Die intakte Natur wird rar und ihre Schönheit gerät in Vergessenheit
  • Die Hotels werden sich überall ähnlicher (warum dann in ein anderes Land?)
  • Hotel an Hotel,  da mitten drin, das ähnelt dann eher München-Neuperlach als einem fremden Land und so fast ohne Landschaft stellt sich wirklich die Frage: Warum überhaupt  so weit reisen?? (Ja gut, das Meer und die Wärme…)
  • Erholung wird zum Konsum ohne Tiefenwirkung
  • Tiere und Pflanzen werden verdrängt und sterben immer mehr aus
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Das Klima wird uns so nach und nach die wahre Rechnung servieren und die wird nicht billig sein. Das können wir lange ignorieren, da es wahrscheinlich zuerst andere bezahlen. Aber seit Alexander von Humboldt wissen wir, dass alles mit allem zusammenhängt und längst glauben wir, dass jeder Mensch und jedes Leben wichtig ist. Trotz und wegen der Millionen anderer Reisender, die ebenfalls ihre Verantwortung wahrzunehmen haben, können wir auch beim Reisen eine Menge tun: Für uns, für andere, für die Schöpfung.

Weitere Informationen bei Wikipedia und im Netz: z.B. www. forumandersreisen.de;

www.fairweg.de; oeko-fair.de u.a.